Grün statt Gier: Wie die Mustermann GmbH unter Zeitdruck zur Energiewende-Vorreiterin werden will
Ein Mittelständler hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: In nur 14 Monaten will das Unternehmen ein zertifiziertes Energiemanagementsystem einführen – rechtzeitig vor der gesetzlichen Frist im Juli 2025. Ein Selbstversuch zwischen Klimaschutz, Kostendruck und tick-tack der Gesetzgeberuhr.
Es ist ein regnerischer Mittwochmorgen in der Produktionshalle der Mustermann GmbH. Maschinenöl vermischt sich mit dem Geruch frisch gebrühten Kaffees, während Produktionsleiter Thomas Weber über den Hallenboden läuft und immer wieder nach oben deutet. "Hier oben, das sind noch die alten Halogenleuchten. Die fressen Strom ohne Ende", erklärt er. "Die kommen jetzt alle weg."
Was nach einer simplen Sparmaßnahme klingt, ist Teil eines größeren Plans. Die Mustermann GmbH, ein 250-Mitarbeiter-Unternehmen, will sich nach der internationalen Norm ISO 50001 zertifizieren lassen - und zwar innerhalb der nächsten 14 Monate. Eine ambitionierte Frist für ein Unternehmen, das bislang eher wenig mit Energieeffizienz zu tun hatte.
Die Angst vor dem Klimazoll treibt die Industrie um
"Die Zeiten ändern sich", sagt die Geschäftsführerin, während sie eine dicke Mappe mit Energiedaten auf den Konferenztisch legt. "Früher hat sich niemand für unseren CO₂-Fußabdruck interessiert. Heute bekommen wir nicht nur von unseren Großkunden aus der Automobilbranche klare Vorgaben, sondern jetzt auch vom Gesetzgeber. Bis Juli 2025 müssen wir zertifiziert sein – sonst drohen empfindliche Strafen."
Hinzu kommt der stetig steigende CO₂-Preis. Bereits jetzt zahlt die Mustermann GmbH jährlich 1,2 Millionen Euro für Energie - Tendenz steigend. Die Implementierung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 soll nicht nur das grüne Image aufpolieren und gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern ganz konkret die Betriebskosten senken.
Der 14-Monats-Marathon zur Zertifizierung – mit der gesetzlichen Deadline im Nacken
Das Projekt ist in fünf Phasen aufgeteilt - ein wahres Mammutprogramm mit Countdown-Charakter. "Die gesetzliche Frist bis Juli 2025 hat uns ziemlich überrumpelt", gibt Mustermann zu. "Aber wir nehmen die Herausforderung an." Zunächst wird ein Energiemanagement-Team zusammengestellt, dann folgt die Datensammlung und Analyse. "Wir müssen erstmal wissen, wo genau die Energie hingeht", erklärt der frisch ernannte Energiemanagementbeauftragte. "Niemand hier wusste bis vor kurzem, wie viel Strom die einzelnen Maschinen eigentlich verbrauchen."
In der Implementierungsphase werden dann erste "Quick-Wins" umgesetzt, bevor im letzten Schritt die offizielle Zertifizierung ansteht. Die Kosten für das Gesamtprojekt sind hoch. Eine Investition, die sich laut Management schon nach etwas mehr als drei Jahren amortisieren soll.
Energie sparen für die schwarze Null - und fürs Klima
Die Ziele der Mustermann GmbH lesen sich wie ein Wunschzettel eines Klimaaktivisten: 20 Prozent weniger Energieverbrauch innerhalb von fünf Jahren, 30 Prozent weniger CO₂-Emissionen und ein Viertel des Strombedarfs aus eigener Erzeugung. Allein im ersten Jahr sollen fünf Prozent Energieeinsparung erreicht werden.
"Natürlich geht es uns auch ums Geld", gibt Mustermann zu. Jährlich 134.000 Euro sollen die Maßnahmen einsparen. "Aber ehrlich gesagt, treibt uns auch die Verantwortung für kommende Generationen an."
Die Maßnahmen sind vielfältig: Von der Optimierung der Druckluftanlage über eine neue LED-Beleuchtung bis hin zu einer großen Photovoltaikanlage auf dem Firmendach. "Am Ende ist es eine Kombination aus Technik und Verhalten", erläutert Schmidt. "Selbst die modernste Anlage bringt nichts, wenn sie falsch betrieben wird."
Der Mensch als Energiefresser
Deshalb sollen auch 90 Prozent der Belegschaft zum Thema Energieeffizienz geschult werden. "Es sind oft die kleinen Dinge", erklärt Betriebsrat. "Der Drucker, der über Nacht läuft, der PC, der nicht heruntergefahren wird, die Maschine, die im Leerlauf unnötig Strom verbraucht."
Nicht alle Mitarbeiter sind von den neuen Plänen begeistert. "Natürlich gibt es Widerstand", wird eingeräumt. "Keiner mag Veränderungen." Um die Motivation zu steigern, soll ein Prämiensystem für Energiespar-Ideen eingeführt werden.
ISO 50001: Klimaschutz oder nur Greenwashing?
Kritiker bemängeln, dass die ISO-Zertifizierung oft nur eine reine Imagemaßnahme sei. Die Mustermann GmbH will das Gegenteil beweisen. "Wir veröffentlichen unsere Energiedaten ab sofort jährlich in unserem Nachhaltigkeitsbericht", verspricht Mustermann. "Total transparent."
Und die Chefin hat noch ein weiteres Motiv: "Die EEG-Umlage und andere Abgaben können wir mit der Zertifizierung deutlich reduzieren. Das ist ein knallhartes wirtschaftliches Argument." In Zeiten steigender Energiepreise kann das für Unternehmen überlebenswichtig sein.
Projekt mit Signalwirkung
Geht der Plan auf, könnte die Mustermann GmbH zum Vorbild für andere mittelständische Unternehmen werden. "Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit keine Gegensätze sein müssen", sagt Mustermann. Die 305 Tonnen CO₂, die jährlich eingespart werden sollen, sind im globalen Maßstab zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Für die 250 Mitarbeiter des Unternehmens könnte es aber der Beginn eines Umdenkens sein.
In 14 Monaten wird sich zeigen, ob aus dem ambitionierten Plan Realität wird – und damit rund drei Monate vor Ablauf der gesetzlichen Frist. "Wir wollen nicht bis zur letzten Minute warten", betont Mustermann. "Wenn alle Unternehmen erst im Juni 2025 mit der Zertifizierung beginnen, werden die Prüfstellen völlig überlastet sein." Produktionsleiter Weber jedenfalls ist optimistisch: "Die alten Halogenleuchten sind auf jeden Fall Geschichte", sagt er und lacht. "Die ersten LEDs sind schon bestellt."
INFOKASTEN: Der Weg zur ISO 50001 bei der Mustermann GmbH
Phase 1: Vorbereitung (Monat 1-2)
- Energiemanagement-Team bilden
- Grundlagenschulung
- Energiepolitik festlegen
Phase 2: Analyse (Monat 3-5)
- Energiebilanz erstellen
- Schwachstellen identifizieren
- Einsparziele festlegen
Phase 3: Umsetzung (Monat 6-9)
- Prozesse dokumentieren
- Mitarbeiter schulen
- Erste Maßnahmen umsetzen
Phase 4: Überprüfung (Monat 10-12)
- Interne Audits
- Erfolge messen
- Anpassungen vornehmen
Phase 5: Zertifizierung (Monat 13-14)
- Externes Audit
- Zertifikatserhalt