Handwerker können nicht mehr jeden Terminwunsch zu Geld machen - Endlich Klarheit für Bauherren
Der Bundesgerichtshof hat der Abzocke am Bau einen Riegel vorgeschoben. Handwerksbetriebe können künftig nicht mehr bei jeder Terminänderung Extrakosten verlangen - auch wenn sie selbst selten pünktlich sind.
Wer schon mal gebaut hat, kennt das Spiel: Kaum verschiebt sich ein Termin, flattern Nachträge ins Haus. 56.000 Euro wollte ein Elektrobetrieb zusätzlich vom Freistaat Sachsen - nur weil sich die Bauzeit verlängert hatte. Begründung: geänderte Terminpläne würden Mehrkosten verursachen.
Das Problem: Dieselben Handwerker, die bei jeder Gelegenheit Mehrkosten geltend machen, halten selbst selten ihre Termine ein. Wer kennt sie nicht, die Geschichten vom Heizungsbauer, der erst drei Wochen später auftaucht, oder dem Fliesenleger, der mitten im Projekt andere Baustellen bevorzugt?
Schluss mit der Einbahnstraße
Der Bundesgerichtshof hat nun dieser Einbahnstraße ein Ende gesetzt. In seinem wegweisenden Urteil stellt er klar: Wenn Bauherren koordinieren und Termine anpassen müssen, ist das keine "Anordnung", die automatisch Mehrkosten rechtfertigt. Es ist schlicht ordentliche Baustellenorganisation.
Die Karlsruher Richter*innen argumentieren präzise: Wer einen Terminplan übermittelt, erfüllt seine Koordinierungsaufgabe - mehr nicht. Daraus lässt sich kein Blanko-Scheck für Nachforderungen ableiten.
"Endlich", werden viele Bauherren denken. Zu lange konnten Handwerksbetriebe jeden organisatorischen Aufwand zu Geld machen, während sie selbst bei Terminverzögerungen auf Verständnis pochten.
Realitätscheck am Bau
Die Realität auf deutschen Baustellen sieht oft anders aus als in den Kalkulationen der Handwerker: Da erscheint der Maler nicht, weil er noch auf einer anderen Baustelle beschäftigt ist. Der Elektriker kann nicht anfangen, weil seine Vorlieferanten streiken. Der Heizungsbauer verschiebt um zwei Wochen, weil Personal krank ist.
All das sind nachvollziehbare Gründe - aber warum sollen dann nur die Bauherren die Flexibilität bezahlen, die sie selbst ständig aufbringen müssen?
Ausgewogene Risikoverteilung
Das BGH-Urteil schafft endlich eine ausgewogenere Risikoverteilung. Bauherren müssen weiterhin für echte Planungsfehler oder Vertragsverletzungen geradestehen. Aber sie können nicht mehr für jeden organisatorischen Handgriff zur Kasse gebeten werden.
Das bedeutet nicht, dass Handwerker*innen schutzlos sind. Wer tatsächlich durch Verschulden des Bauherren Schäden erleidet, kann diese weiterhin geltend machen - nur eben nicht pauschal bei jeder Terminanpassung.
Mehr Planungssicherheit
Für Bauherren - von Privatleuten bis zu öffentlichen Auftraggebern - bringt das Urteil mehr Kalkulationssicherheit. Sie müssen nicht mehr befürchten, dass jede notwendige Koordination automatisch Nachforderungen nach sich zieht.
Das könnte paradoxerweise sogar den Handwerksbetrieben helfen: Wenn Bauherren weniger Angst vor explodierenden Kosten haben, werden sie möglicherweise wieder mehr Projekte anstoßen. Und realistische Kalkulationen sind allemal besser als überteuerte Angebote, die nur die Angst vor Nachträgen widerspiegeln.
Professionalität statt Nachtragsmentalität
Das BGH-Urteil ist auch ein Signal für mehr Professionalität am Bau. Statt bei jeder Gelegenheit Zusatzkosten zu generieren, sind Handwerksbetriebe nun gefordert, realistisch zu kalkulieren und professionell zu arbeiten.
Bauherren sollten das Urteil als Chance verstehen: Endlich können sie Termine koordinieren, ohne gleich den Taschenrechner für Nachträge zücken zu müssen. Und Handwerker*innen werden lernen müssen, dass Flexibilität zum Geschäft gehört - in beide Richtungen.