Chef befiehlt, Handwerker zahlen? – Wie Bauleiter und Handwerker um Anordnungen streiten

Anordnung

Bauherrin sagt, mach fertig – und dann?

Elektriker, Fliesenleger, Bauleiter – sie alle verbindet der tägliche Baualltag und immer häufiger Konflikte rund um das Anordnungsrecht des Bauherrn. Seit der Gesetzgeber 2018 das Bauvertragsrecht novelliert hat, ist klarer geregelt: Der Bauherr (Besteller) kann einseitig Änderungen an seinem Bauvorhaben verlangen, wenn sie zur Zielerreichung nötig sind. Aber was heißt das für die Handwerker am Bau, die Baustellenleiter vor Ort – und vor allem: Wer zahlt, wenn plötzlich alles anders werden soll?

Was darf der Bauherr anordnen?

„Gestern war der Plan noch anders“, murmelt ein Elektroinstallateur, während er einen neuen Kabelweg stemmt. Tatsächlich kann der Bauherr laut §650b BGB oder §1 VOB/B einseitig Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen, sofern sie im Rahmen des Werkvertrags liegen und dem Bauziel dienen. Fragt man eine Bauleiterin, sieht sie darin ein legitimes Mittel, Fehler auszubügeln – solange klar ist, dass die Vergütung angeglichen wird.

Und die Vergütung?

Die brennende Frage auf jeder Baustelle: Muss der Bauherr zahlen, wenn er mehr verlangt als ursprünglich vereinbart? Die Antwort: Ja – und zwar auf Basis einer gerechten Anpassung des Werklohns (§650c BGB bzw. §2 VOB/B). Im Streitfall wird der Mehrpreis errechnet – notfalls vor Gericht. Beispiele zum Anordnungsrecht?

Beispiel 1: Mehrarbeit für den Elektriker

Der Bauherr forderte kurzfristig die Verlegung zusätzlicher Stromkreise für Klimaanlagen. Die Elektriker signalisierten Mehrkosten, der Bauherr stellte sich quer: „Das war doch absehbar!“ Am Ende entschied die Schlichtung: Die Leistung war anzuordnen, aber der Bauherr muss die Mehrkosten voll vergüten. Die Handwerker gingen als Sieger vom Platz.

Beispiel 2: Fliesen „extra“ 

Ein Fliesenleger-Trupp wurde aufgefordert, nachträglich eine Wand mit Mosaik zu belegen. Die Auftragslage war knapp, die Kalkulation eng – und der Bauherr wollte nicht zahlen. Die Mediation bestätigte: Die Änderungsanordnung ist bindend, die Mehrleistung muss vergütet werden. Keine Arbeit umsonst auf deutschen Baustellen.

Was kann das Gewerk gegen die Anordnung tun?

Nicht jede Anordnung muss widerstandslos hingenommen werden. Gewerke können sich wehren – allerdings nur, wenn die Änderung unzumutbar ist oder die Grenzen des ursprünglich vereinbarten Vertrags sprengt. Eine Expertin für Baurecht, empfiehlt: „Das Gewerk sollte schriftlich klar machen, wenn es die Änderung technisch ablehnt, und notfalls einen Nachtragsprozess einleiten.“ Es besteht auch die Möglichkeit, die Ausführung zu verweigern, aber das birgt Risiken – im Zweifel entscheidet das Gericht.

Perspektiven aus dem Alltag

Die Bauleiterin sieht die Regeln nüchtern: „Endlich sind die Zuständigkeiten und Ansprüche klar – aber die Baustelle bleibt ein Minenfeld, sobald sich die Parteien nicht einig sind.“ Die Gewerke sind sich einig: Ohne faire Vergütung für Änderungen bleibt die Motivation gering, die Baustelle läuft langsamer und die Stimmung sinkt.

Die Baustelle bleibt also spannend: Der Bauherr darf viel, muss aber zahlen – und die Gewerke sind keinesfalls rechtlos. So lebt der deutsche Baualltag von gelungenen Kompromissen und klarem rechtlichen Rahmen, der alle schützt, aber niemanden übervorteilt.